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Israelisch-palästinensische Zusammenarbeit:
 

(K)ein Wunder in 'Gaza
 

Ein „Wunder“, das durch die Zusammenarbeit von Feinden für eine bessere Zukunft zustande gekommen ist und auf menschlicher Würde und der Möglichkeit von Versöhnung basiert.

von Eli Lasch

 

Wir befinden uns in der Lobby des Hilton Hotels, inmitten der Strandpromenade einer der modernsten Städte der westlichen Welt. Außer uns halten sich in diesem Hotel noch ungefähr 400 Ärzte und Wissenschaftler auf, die per Flugzeug aus 24 Ländern gekommen sind um an der 4.Tagung der „Internationalen Föderation der Verbände für den öffentlichen Gesundheitsdienst“ teilzunehmen. Auch diesmal, wie so oft in der Vergangenheit, handelt es sich um eine Beratung über die Förderung der Gesundheit in der Dritten Welt. Man hört viel „Hallo“, „How do you do?“ und “Was haben Sie/hast du eigentlich seit der letzten Konferenz in ... getan, oder war es die Konferenz in ..., Gott, wie die Zeit rennt.“ Es sind zum großen Teil alte Bekannte, die sich seit vielen Jahren und aus vielen Konferenzen gut kennen und sich zwischen einem Häppchen Kaviarbrötchen und

einem Schluck Champagner angeregt über den katastrophalen Zustand des Gesundheitswesens in den sogenannten Entwicklungsländern unterhalten.

Sie sind mit viel Aufwand aus allen Enden der Erde gekommen, um aufs Neue zu überzeugen und sich überzeugen zu lassen, dass die Gesundheit der Bevölkerung dieser Länder sich in einem katastrophalen Zustand befindet. Und dass alles, was in der Dritten Welt bezüglich der Gesundheit unternommen wurde und auch in Zukunft unternommen werden wird, von vorne herein zum Scheitern verurteilt ist, dass das, was war, auch weiterhin so sein wird. Wie gesagt, handelt es sich offiziell um eine Beratung von Experten, für die die Regierungen der beteiligten Länder viel nicht existierendes Geld ausgegeben haben und von der man viel erwartet.

Die Botschaft aller Vorträge, die in den schönsten Sälen eines der teuersten Hotels der Welt gehalten werden, ist allerdings immer wieder dieselbe: „Trotz aller schönen Pläne und trotz aller Bemühungen wurde keines der erwünschten Ziele auch nur annähernd erreicht,“ und dann erklärt man in allen Einzelheiten die Gründe für diese Misserfolge. Die Pläne waren natürlich immer wunderbar, aber immer war etwas oder jemand schuld an ihrem Scheitern.

Es war niemals die Schuld derer, die sie ausgearbeitet hatten; die Verantwortung lag immer bei denjenigen, die aufgefordert waren sie auszuführen. Natürlich ohne dass man sie je gefragt hätte, ob die Pläne überhaupt ausführbar wären. Wofür gäbe es denn sonst Experten? Außerdem war da immer noch die sogenannte „force majeur) ...

Diesmal gab es aber eine Überraschung, eine Ausnahme. Plötzlich erschien eine Gruppe von unbekannten Ärzten, von Neuankömmlingen, über die niemand zuvor etwas gehört hatte, und berichtete über fast unglaubliche Erfolge. Was die Sache noch unglaublicher machte, war die Tatsache, dass es sich dabei nicht um internationale Experten handelte, sondern um arabische Ärzte aus dem von Israel besetzten Gazastreifen.

Sie waren weder aus Übersee angeflogen, noch wohnten sie im Hilton Hotel. Sie kamen in klapprigen, alten Wagen, erzählten ihre Geschichten und – wie in dem Märchen von Aschenbrödel – verschwanden sie wieder am Ende der Sitzungen. Sie kamen weder um sich für Misserfolge trösten zu lassen, noch hatten sie die Zeit andere zu trösten. Sie waren stolz auf das, was sie erreicht hatten – und außerdem mussten sie ja wieder zurück zu ihren Patienten. Und was für Geschichten erzählten sie! Dass im Gazastreifen 96% der Kinder schon seit einigen Jahren regelmäßig alle Impfungen erhalten, die von der WHO vorgeschrieben sind, und dass sie damit das Ziel, das für das Jahr 2000 vorgesehen war, 20 Jahre früher erreicht hatten. Sie berichteten auch über anfängliche Misserfolge, und wie sie darauf hin neue Methoden entwickelt und so alt eingesessene Krankheiten wie Kinderlähmung und Masern ausgerottet hätten. Und dass es die israelischen Behörden waren, die Geld dafür zur Verfügung stellten. Sie berichteten weiterhin, dass es ihnen in nur zehn Jahren gelungen sei die Kindersterblichkeit von 140 von 1000 Neugeborenen auf 28 zu senken, so dass Kinder dort nun nicht mehr „einfach so“ starben, wie sie es früher taten, als die Bevölkerung noch glaubte, dass dies Allahs Wille sei. Sie erzählten aber nicht nur, dass es ihnen gelungen sei, 100 000 zum Tode verurteilte Kinder zu retten, sondern auch über die Methoden, die dies ermöglicht hatten. Wie es ihnen gelungen war, nicht nur die Bevölkerung zu beteiligen, sondern auch das religiöse Establishment einzuspannen, so dass alle bereit waren mit den Behörden zu kooperieren.

Dann folgte ein Bericht über die Erfolge bei der Behandlung von Geisteskranken, die weit besser waren als diejenigen, die je im Westen erreicht wurden.

Die Geschichten waren so unglaublich, dass am nächsten Tag eine Gruppe von Teilnehmern unter der Leitung der Begründerin der tropischen Kinderheilkunde, der damals 93 Jahre alten Lady Cicely Williams, nach Gaza fuhr um sich das Wunder anzusehen, - es hätte sich doch auch um israelische Lügenpropaganda handeln können...

Es war aber keine Propaganda, und Lady Cicely, die schon sehr viel in ihrem Leben gesehen hatte, war so tief beeindruckt, dass sie allen erklärte: „Ich war hier im Jahre 1966, und es war der schlimmste Ort, den ich je besucht hatte. Was hier geschehen ist, kann nur als ein Wunder angesehen werden!“

Es war aber kein Wunder, sondern das Resultat der Zusammenarbeit eines israelischen Arztes, der sein Leben als Flüchtling aus Deutschland begonnen hatte, und einer Gruppe von Palästinensern, die immer noch Flüchtlinge sind. Ein „Wunder“, das durch die Zusammenarbeit von Feinden für eine bessere Zukunft zustande gekommen ist und auf menschlicher Würde und der Möglichkeit von Versöhnung basiert.

 

 

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© 2005 - 20013, Dr. Eli Erich Lasch, am 01.04.2009. Stand: 13. September 2019