Leseprobe
1.Yossi
Mein guter Freund,
Oberstleutnant (Sgan Aluf) Yossi hatte Alpträume. Geboren in
Israel Anfang der fünfziger Jahren, war er das Kind
jüdischer Einwanderer aus Polen, die kurz vor dem Zweiten
Weltkrieg nach Israel gekommen waren. Dort besuchte er eine
gute Schule und wie alle Israelis wurde er mit 18 Jahren zum
Militärdienst eingezogen. Er erwies sich als guter Soldat
und wurde deshalb zum Offizier ausgebildet. Am Ende seines
Wehrdienstes entschied er sich als Berufssoldat im Militär
zu bleiben und fühlte sich sehr zufrieden mit diesem
Entschluss. Er heiratete Yael, die Tochter von jüdischen
Einwanderern aus Marokko, die als Krankenschwester in einem
großem Krankenhaus tätig war. Sie hatten eine kleine
Tochter, auf die sie sehr stolz waren. Eine normale
israelische Familie. Wie die meisten Israelis ihrer
Generation hatten sie mit Religion und Esoterik bzw. Mystik
nichts am Hut. Auch der Holocaust interessierte sie nicht.
Sie fühlten sich eben als Israelis und alles, was dem
jüdischen Volk im Laufe der vielen Jahrhunderte der Diaspora
passiert war, gehörte der Vergangenheit an. Damit so etwas
sich nicht wiederholen kann, diente Yossi eben im Militär.
Einmal sagte er sogar: Wenn die Juden früher nach Israel
gekommen wären, hätte es niemals zum Holocaust kommen
können, eine Meinung, die er mit vielen seiner Freunde
teilte. Sie konnten es einfach nicht nachvollziehen, das man
sich einfach abschlachten ließ. „Wir hätten so etwas nie
zugelassen“. Dabei waren sie vom Gründer des Staates Israel,
David Ben Gurion, inspiriert, der während des Weltkriegs
erklärte: „Meine Hauptaufgabe ist nicht Juden in Europa zu
retten, sondern einen Staat für die Juden vorzubereiten.“
In den 80er Jahren des 20.
Jahrhunderts wurde Yossi von der Bundeswehr zu einer
Beratung nach Deutschland eingeladen. Nach seiner Rückkehr
erzählte er mir mit großer Begeisterung, wie nett er
aufgenommen worden war und was für ein schönes Land
Deutschland doch sei. Von etwaigem Antisemitismus hatte er
nichts gespürt, und der Holocaust kam nicht einmal zur
Sprache.
Kurze Zeit danach fing er an
unerklärliche Träume zu haben. Er sah sich in einer fremden
Uniform mit Runen am Kragen, in einen Krieg in verschneiten
Steppen verwickelt. Er, der nur Siege kannte, war Teil einer
Armee auf dem Rückzug. Er und seine Soldaten hungerten und
froren. In den Träumen hatte er, wie in seinem jetzigen
Leben, den Rang eines Oberstleutnant. Später sah er in
seinen Träumen, wie seine Soldaten auf seinen Befehl hin
Zivilisten zusammentrieben und erschossen und wurde sich
bewusst, dass es sich dabei um Juden handelte. Zum ersten
Mal bemerkte er auch, dass er an seinem Ärmel eine rote
Binde mit Hakenkreuz trug: Er gehörte der Waffen-SS an!
Die Träume waren sehr
lebendig. Im Gegensatz zu früheren Träumen erinnerte er sich
noch lange, nachdem er wach geworden war, an alle
Einzelheiten Er wusste plötzlich, was es bedeutet dem
Verhungern und Erfrieren nahe zu sein, was es bedeutet auf
der Flucht zu sein und Angst zu haben ohne sie seinen
Untergebenen zeigen zu dürfen. Als Israeli machte ihm das
Erschießen der Zivilisten und Juden am meisten zu schaffen.
Als guter Soldat führte er in seinen Träumen Befehle aus
ohne viel zu fragen. Die Person, die er in seinen Träumen
sah, war dazu erzogen worden Juden und Russen als Gesindel
oder Untermenschen anzusehen. Aber die Wirklichkeit sah ganz
anders aus. Plötzlich erkannte er die Menschlichkeit dieser
Wesen und wie ähnlich sie ihm eigentlich waren. Aber als
guter Offizier konnte er diese aufkommenden Zweifel nicht
zeigen. „Der Führer hat sie zu unseren Feinden erklärt und
er versteht das eben besser als ich“, versuchte er sich
einzureden, aber die Zweifel nagten weiter an ihm. Erst
während des Rückzuges, als er plötzlich sah, dass die
Vernichtung der Juden für die deutsche Führung wichtiger war
als die Versorgung der eigenen Truppen, nahmen die Zweifel
überhand. Seine Welt brach zusammen, und er suchte den Tod.[i]
Yossi, der israelische Soldat,
wusste nicht, was er mit diesen Träumen anfangen und wo er
sie in sein jetziges Leben einfügen sollte. Warum hatte er
plötzlich solche Träume? Wollten sie Ihm etwas sagen? Bis
dahin war er der Meinung gewesen, dass Träume Schäume sind,
im besten Fall Botschaften aus dem eigenen Unterbewusstsein.
Wie schon erwähnt, hatte er sich nie mit Mystik oder
Reinkarnation beschäftigt, sondern lebte ganz im Hier und
Jetzt. Er fing an sich Fragen über seine jetzige Situation
zu stellen. Auch in Israel gab es Stimmen, die die Araber
als unzivilisierte Eingeborene, fast als Untermenschen
bezeichneten. Allerdings war das eine kleine Minderheit.Wie
würde er reagieren, wenn er den Befehl bekäme, Zivilisten zu
erschießen, nur weil sie Araber sind? Er wusste auch,
dass es Fälle gegeben hatte, in denen Israelis, insbesondere
Einwanderer aus arabischen Ländern, Araber auf unmenschliche
Art behandelten. Immer wieder fragte er sich, ob dieses der
Preis für die andauernde Besatzung war. Ob sich in Israel
nicht eine kolonialistische Einstellung entwickelte. Aber
anderseits wusste er auch, dass die Palästinenser ein echter
Feind waren, der nur davon träumte Israel auszurotten. Viele
der oben erwähnten Ausschreitungen waren bestimmt auch
Racheakte, ausgeführt von Juden, die früher unter
moslemischer Herrschaft gelitten hatten. Und diese waren die
Schlimmsten. Er entschloss sich auf jeden Fall nie in diese
Falle zu geraten. Aber trotz dieses Entschlusses
hörten die Träume nicht auf, sondern erschienen eher öfters.
Total verstört kam er zu mir,
dem älteren Freund, der aus Deutschland stammte und sich mit
„komischen“, unkonventionellen Dingen beschäftigte, um sich
Rat zu holen. Ich „schaute“ und erkannte, dass es sich weder
um Phantasiegebilde noch um eine Botschaft aus dem
Unterbewusstsein handelte, die mit seinem jetzigen
Leben zusammenhing. Bei Yossi handelte es sich um
Erinnerungen an ein früheres Leben, welches durch seinen
Besuch bei der Bundeswehr heraufgeschwemmt worden waren.
Ich klärte ihn auf und wir
entschlossen uns eine Serie von Rückführungen zu machen, und
dabei kam einiges sehr Interessante ans Licht. Als Erstes
bestätigten sich seine Träume. Diesmal wusste er auch seinen
Namen (Paul), den Namen seiner Familie und sein Geburtsdatum
sowie den Ort, in dem er das Licht der Welt erblickt hat.
Ebenso wusste er, dass er 1944 an der russischen Front
gefallen ist [ii]. Aus Interesse forschten
wir dem auch nach, und es stellte sich heraus, dass es diese
Person tatsächlich gegeben hat. Yossi war emotional so
stabil, dass er bereit war der Sache weiter nachzugehen.
Hinzu kam, dass er ein tiefes Vertrauen zu mir hatte.
Danach wurde es noch
interessanter. In einer weiteren Serie von Rückführungen
stellte sich heraus, dass er in dem Leben davor Jude
gewesen war, der sich von seinem Judentum endgültig abwenden
wollte. Er wollte auf keinen Fall mehr ein Jude sein.
Enttäuscht von der Engheit,
der Versteinerung und den ewigen Verfolgungen der Juden in
Russland und Polen, kamen er und seine Eltern Mitte
des 19. Jahrhunderts nach Deutschland und ließen sich dort
nieder. Der junge Michael (so hieß er damals) wollte einen
Beruf ausüben, der dem klassischen Judentum so fremd wie
möglich war, und so wählte er das Militär. Aber auch hier
wurde ihm sein Judentum zum Verhängnis, denn es gab keine
Möglichkeit für einen Juden als Offizier Karriere zu machen.
In der Armee des neuen deutschen Reiches herrschte noch das
preußische Junkertum. So starb er verbittert und bei seinem
Tod schwor er: „Wenn ich noch einmal mein Leben anfangen
könnte, dann nie wieder als Jude. Ich hasse alle Juden“. Und
dieser Schwur sollte sich erfüllen.
Während einer anderen Sitzung
konnte ich ihn in die Zwischenwelt [iii]
zwischen seinem Tod als deutscher Soldat in Russland
und seiner Reinkarnation in Israel zurückführen. Er erzählte
mir, wie befreit er sich sofort nach seinem Tod gefühlt
habe. Dann durchquerte er einen Tunnel und wartete darauf,
dass man ihn abholte, aber nichts geschah. (Später wurde ihm
berichtet, dass er sich zu dem Zeitpunkt in einer Art
Vorhölle befunden habe und dass niemand bereit war ihn
abzuholen. Für die deutschen Seelen war er ein Jude und
deswegen gehörte er nicht in den Bereich ihrer
Verantwortung. Für die jüdischen Seelen war er ein
Abtrünniger und ein Massenmörder, mit dem niemand etwas zu
tun haben wollte). “ Plötzlich,“ erzählte er mir, „befand
ich mich vor einem himmlischen Gerichtshof, der aus drei
Richtern bestand. [iv] Die Richter schauten
mich sehr streng an und zeigten mir dann eine Art
Lebensfilm, in dem ich genau all die Leiden, die ich
verursacht hatte, noch einmal durchleben musste. Diesmal
konnte ich mich nicht abwenden oder hinter einem Befehl
verstecken. An diesem Ort musste ich die Verantwortung für
mein Leben und meine Taten übernehmen.“ Und dann,“ sagte er
mir, „platzte die ganze aufgestaute Wut der Jahrhunderte aus
mir heraus und ich schrie: ‚Ja, ich habe gesündigt, ich habe
Schlimmes getan. Tut mit mir, was ihr wollt. Aber, fuhr ich
fort, wenn Gott sich nicht von uns abgewendet hätte, wäre
all das nicht passiert. Ich hatte es satt, der ewige
Sündenbock der Welt zu sein, nur weil ich als Jude geboren
bin. Das war es nicht, Gott, was Du uns am Berge Sinai
versprochen hast. Und plötzlich erhallte von oben eine
Stimme: Meine Söhne haben Recht. Zu groß ist die Last und
die Qualen, die Ich ihnen auferlegt habe. Dem wird jetzt ein
Ende sein. Die Diaspora ist beendet, und Ihr könnt in das
Land zurückkehren, das ich Euren Vorvätern versprochen habe.
Die Atmosphäre im hohen Gerichtshof entspannte sich, und man
fragte mich, was ich gerne tun würde um das Karma, das ich
auf mich geladen habe, aufzuarbeiten. Meine Antwort war: Ich
möchte im wieder auferstehenden Israel wieder geboren werden
und im Militär des jüdischen Staates dienen. Ich möchte
endlich mein eigenes Volk mit meiner eigenen Waffe
verteidigen. Ich möchte nicht mehr diskriminiert werden, nur
weil ich ein Jude bin. Das wurde mir auch zugesagt, und hier
bin ich. Endlich bin ich dort, wo ich schon immer sein
wollte“. Er wachte auf, geheilt und ruhig. Seine Träume sind
nie wiedergekommen.
[i] Die
Geschichte ist eine Zusammenfassung der Träume und dessen,
was Yossi in seinen Rückführungen erlebt hatte.
[ii] Aus
verständlichen Gründen wurden die Daten etwas verändert und
geheim gehalten
[iii] Siehe
Kap. über Reinkarnation
[iv] ebd.
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